Zug fahren in Indien – Durchblick im größten Schienennetz der Welt
Der Zug ist DAS Transportmittel Nummer 1 in Indien.
Auch als Reisender durch dieses wunderschöne und faszinierende Land, wirst du nicht drumherum kommen, mit dem Zug von A nach B zu fahren.
Vor allem solltest du auf keinen Fall darauf verzichten, denn es ist eine besondere Erfahrung, die du nie vergessen wirst, und die dich für immer mit Indien verbinden wird.
Auch wir sind bei unseren Reisen durch Indien immer wieder gerne mit dem Zug gefahren.
Den richtigen Zug finden – eine Anleitung
Bevor es ans Ticket kaufen geht, ist es essentiell wichtig, die richtige Zugnummer parat zu haben.
Warum? Weil du damit am schnellsten am Bahnhof zu deinem Ticket kommst. Die Mitarbeiter an den Ticketschaltern sprechen nicht immer das Beste englisch und haben manchmal auch keine Lust, für dich eine Zugverbindung herauszusuchen.
Als wir das erste Mal mit dem Zug in Indien fahren wollten, gingen wir in ein Reisebüro, sagten dem Angestellten dort, dass wir von Kerala (Kochi) nach Goa (Agonda/Canacona) in der Sleeper Class fahren wollen. Der liebe Mitarbeiter schaute für uns online nach, sagte uns dann aber, dass es genau für diese Strecke keine Tickets mehr gebe. Was auch stimmte.
Aber wir fragten uns: „Häh? Aber es muss doch noch einen anderen Zug geben, der dahin fährt. Oder eine andere Sitzklasse in der es noch Tickets gibt?“
Und genau so war es auch! Da der Reisebüro-Mensch irgendwie nicht so viel Lust auf arbeiten hatte, und uns nicht weiterhelfen konnte (wer verübelt es ihm bei den Temperaturen ;)), halfen wir uns selbst.
Wir entdeckten eine Website, die wirklich hilfreich dabei ist, die richtige Zugnummer, die Verfügbarkeit der Tickets und auch die Ticketpreise herauszufinden.
Wir haben dafür die Website India Rail Info genutzt.
Die Seite sieht auf den ersten Blick unübersichtlich und oldschool aus, ist aber nach ein bisschen ausprobieren wirklich easy.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, du willst von Mumbai nach Delhi.
Auf der Startseite kannst du oben in der Suchleiste deinen Start,- und Zielpunkt eingeben und auf „Go“ klicken. Hier im Beispiel wähle ich Mumbai Central und New Delhi aus.
Also nächstes erhältst du eine Übersicht aller möglichen Zugverbindungen, die deine Stationen ansteuern. Am besten gibst du hier noch das Datum ein, an welchem du reisen möchtest, damit dir die Ticketverfügbarkeiten angezeigt werden.
Die unterschiedlichen Zugarten sind hier auch noch farblich unterteilt. Du kannst sie bei Klick auf die entsprechende Farbe und Zugart (z.B. Express-Züge) noch filtern.
Ebenfalls siehst du in der Übersicht die entsprechenden Zugnummern, wann und wo der Zug abfährt, und wann und wo er ankommt.
Auch wichtig: Zu sehen an welchen Wochentagen der Zug überhaupt fährt. Es gibt zum Beispiel Züge, die nur einmal die Woche fahren. Das kann wichtig für deine Reiseplanung sein.
Wenn du dich dann jetzt für eine Verbindung entscheidest, erhältst du beim Klick darauf weitere Informationen – z.B. die wichtige Ticketverfügbarkeit.
In der aufgeführten Tabelle siehst du auch direkt, welche Sitzklassen in dem Zug zur Verfügung stehen, wieviel sie kosten und wie viele Tickets an deinem Fahrtag noch verfügbar sind.
Klickst du jetzt noch weiter unten auf den Link „Timetable“ werden dir alle Stationen angezeigt, an denen der Zug auf seiner Strecke anhält. Ebenfalls eine wichtige Information.
So kannst du dir deinen richtigen Zug heraussuchen.
Notiere dir die Zugnummer, die exakte Bezeichnung der Bahnhöfe, die Abfahrts,- und Ankunftszeiten und Plattformen.
Diese Informationen brauchst du jetzt beim Ticketkauf an einem Schalter am Bahnhof.
Zugtickets kaufen
Es gibt natürlich mehrere Möglichkeiten in Indien ein Zugticket zu kaufen.
Variante 1 – Du kaufst dein Ticket ganz normal am Bahnhof an einem Schalter.
So haben wir es meistens gemacht, weil wir hier genau das bekommen haben, was wir wollten und dabei auch keine Provision für ein Reisebüro draufgezahlt haben.
Mit deiner Zugnummer gehst du ganz normal an einen Schalter, sagst dem Mitarbeiter nochmal wohin du willst. Und zeigst ihm die Zugnummer.
Er wird dir dann ein Formular in die Hand drücken, dass du ausfüllen musst. Ja, es ist etwas Bürokratie nötig, um ein Ticket zu kaufen. Das Formular füllst du entsprechend aus (sollte etwas fehlen, dann wird dich der Schaltermensch darauf hinweisen). Dann brauchst du auf jeden Fall deinen Reisepass. Den musst du vorlegen. Und natürlich Geld zum Bezahlen. Nach maximal 20 Minuten (je nachdem wieviele Leute noch vor dir in der Schlange stehen) solltest du dann deine Reservierungsbestätigungen/Tickets in der Hand halten. Bäm!
Bitte beachte: In den größeren Städten gibt es an den Bahnhöfen meist extra Touristen-Offices oder Schalter, an denen du dein Ticket kaufen kannst. Ich fand das immer etwas seltsam, aber der Vorteil liegt auf der Hand: hier ist meist nicht so viel los, du musst dich nicht mit Ellenbogen gegen drängelnde Menschen behaupten, und der Kauf geht (im Normalfall) viel schneller. Keine Angst, die Preise bleiben die gleichen!
Variante 2 – Reisebüro
Es gibt in den meisten Orten, in denen sich Touristen tummeln, natürlich auch Reisebüros. Hier kannst du meistens auch immer Zugtickets bekommen. Oder es gibt jemanden der jemanden kennt, der Tickets besorgen kann. Die Inder sind da immer sehr hilfsbereit.
Auch hier ist es hilfreich eine Zugnummer zu haben, bei der du weißt, dass auch noch Tickets verfügbar sind. Dann können die Reisebüro-Mitarbeiter gezielt diese Tickets besorgen.
Variante 3 – Online Tickets reservieren
Wir haben es leider nie geschafft, uns online zu registrieren für einen Online-Kauf. Das Ganze soll wohl bei Cleartrip gehen.
Hier gibt’s dazu auch eine ausführliche Anleitung. Vielleicht klappt es ja bei dir.
Auf deinen erstandenen Tickets findest du dann auch die Info in welchem Wagen du sitzt und welche Platznummer du hast.
Sitzklassen in indischen Zügen
Es gibt einige unterschiedliche Zugklassen in Indien. Hier gibt’s eine kleine Übersicht mit grundlegenden Infos.
Unreserviertes Fahren
Wer für seine Fahrt keinen Sitzplatz reserviert, muss sein Glück in diesem Abteil (meistens der letzte Wagon am Zug) versuchen. Da hier gefühlt JEDER Inder mitfahren will, ist dieser Wagon IMMER proppevoll.
Wir würden eine Fahrt in diesem Abteil nur bei wirklich kurzen Fahrten bis zu maximal zwei Stunden empfehlen – vor allem mit Gepäck und Backpack ist es einfach meistens ziemlich eng. Man sollte also keine Angst vor sehr viel Nähe zu anderen Fahrgästen und Gequetsche haben. Sollte das für dich ein Problem sein, dann reserviere dir lieber einen Platz in den folgenden Zugklassen.
Second Sitting
Diese Klasse haben wir vor allem bei kürzeren Fahrten am Tag genutzt und ist völlig ok. Hier gibt es ganz normale Sitzbänke und ist meiner Meinung nach verlgleichbar mit alten S-Bahn-Wagons in Deutschland. Die Wagen sind nicht klimatisiert, dafür steht die Tür eigentlich immer offen, die Fenster sind nur vergittert und es gibt einige Ventilatoren unter der Decke.
Sleeper Class
Die unterste Kategorie bei Nachtfahrten, aber auch bei kurzen Strecken am Tag kann man hier sein Ticket reservieren.
Wir sind von Goa nach Mumbai in der Sleeper Class gefahren – sogar mit nur einem reservierten Ticket. Die Sitze sind einfache Pritschen, offene Fenster, ein paar Ventilatoren und simple Hocktoiletten.
Es gibt jeweils drei übereinander liegende Liegepritschen an jeder Seite des offenen Abteils, wobei die mittlere am Tag weggeklappt ist und alle drei Reisenden für diese Plätze auf der unteren Pritsche sitzen. Sobald es Abend wird, werden die Pritschen dann aufgeklappt und jeder hat damit sein eigenes „Bett“ für die Nacht.
Wenn möglich, versuche die obere Pritsche zu reservieren. Hier hast du am meisten „Privatsphäre“. Außerdem kannst du hier auch am nächsten Morgen noch gemütlich liegen bleiben.
Nimm dir für eine Fahrt in der Sleeper Class am besten auch eine Decke oder Pullover mit. In der Nacht kann es dann doch sehr kühl werden, und der kalte Fahrtwind bläst durch die offenen Fenster die ganze Zeit herein.
Handgepäck mit deinen wichtigsten Dingen nimmst du am besten an deinen Kopf beim Schlafen. Das große Gepäck kannst du auch beruhigt unter die unterste Pritsche legen. Wir hatten unsere Rucksäcke auch nicht angekettet. Erstmal hatten wir nicht das Gefühl, dass irgendjemand daran interessiert war, unsere Klamotten zu stehlen, und außerdem suggeriert das doch auch allen Mitreisenden, dass ich den Einheimischen nicht vertraue und davon ausgehe, dass alle Diebe sind. Irgendwie hat sich das für uns nicht gut angefühlt.
AC und Non AC Chair Car
Bei kürzeren Strecken und Tagesfahrten kann man auch (wenn im Zug vorhanden) einen Platz im Chair Car buchen. Wie der Name schon sagt, gibt es hier nicht die üblichen Pritschen-Bänke, sondern Einzel-Sitze. Wer will, kann natürlich auch eine Nachtfahrt so verbringen. Wir persönlich finden da dann einen Schlafwagen doch angenehmer.
AC 3 – Dritte Klasse klimatisiert
Auf unserer Fahrt von Kochi nach Goa (Cancona) sind wir mit dieser Zugklasse gereist.
Aufgebaut sind die offenen Abteile genauso wie in der Sleeper Class, allerdings ist alles etwas neuer, noch nicht ganz so sehr verrostet, es gibt geschlossene Fenster und Klimaanlage (was jetzt nicht unbedingt ein Vorteil sein muss). Daher auch hier am besten noch einen Pullover und Socken mitnehmen.
Bei einer Nachtfahrt bekommt man hier sogar ein Laken, Kissen und Wolldecke. Auch ein kleines Frühstück am Morgen ist im Preis enthalten. Also schon deutlich mehr „Luxus“ als in der Sleeper Class.
AC 2 – Zweite Klasse klimatisiert
Praktisch das Gleiche wie AC 3, nur dass hier nicht mehr drei, sondern nur noch zwei Pritschen übereinander sind. Die Abteile sind auch hier offen.
AC 1 – Erste Klasse klimatisiert
Auch hier gibt es vier Betten im Abteil, allerdings gibt es eine Tür, die auch abgeschlossen werden kann. Jedes Bett hat seine eigene Steckdose und Leselampe. Natürlich gibt es auch hier Bettzeug, aber ihr müsst euer Bett nicht selbst machen – das übernimmt der freundliche Zugbegleiter für euch.
Am Bahnhof und im Zug
Am Bahnsteig
An deinem Abfahrtstag solltest du am besten nicht auf den letzten Drücker am Bahnhof eintreffen. Es kann am Bahnhof und auf den Plattformen wirklich voll werden und damit unübersichtlich.
Wir hatten allerdings nie Probleme das richtige Gleis und Zone zu finden, für unseren Zug. In der Regel ist alles sehr gut ausgeschildert. Falls nicht, oder du dir unsicher bist, dann einfach jemanden fragen. Die Inder sind auch hier wirklich hilfsbereit, denn sie sind stolz auf ihr Zugsystem und freuen sich, dass auch Touristen mit „ihren“ Zügen fahren.
Wenn der Zug einfährt, dann hängen an den Wagons oft auch Namenslisten, mit allen auf diesen Zug gebuchten Passagieren. Hier kannst du nochmal nachgucken, ob du an dem Wagon richtig bist. Oder du fragst direkt beim Schaffner nach, der meist auch in der Nähe ist.
Die Ansagen für die einfahrenden Züge an den Bahnhöfen sind übrigens zusätzlich auch immer auf englisch. Ist mal mehr mal weniger gut zu verstehen – aber die Zugnummer hab‘ ich meist doch immer herausgehört. 😉
Wir hatten bei unseren Fahrten bisher noch keine Verspätungen bei der Einfahrt. Was allerdings sein kann, dass der Zug später am Zielort ankommt als angegeben.
Im Zug – Platz suchen und Essenssituation
Nachdem du deinen Platz gefunden hast, dauert es meist nicht lange bis einer der Zugbegleiter mit einer Liste herumgeht und die Namen der Passagiere abhakt.
Je nachdem welche Sitzklasse du gebucht hast, bekommst du bei Nachtfahrten jetzt auch dein Bettzeug und dein Frühstückswunsch wird aufgenommen.
Auch bei langen Fahrten brauchst du keine Angst haben, zu verhungern. Einige fliegende Händler werden noch durch den Zug laufen und verkaufen Essen und Getränke.
Oder du hast Glück, und wirst von einer indischen Familie zum Essen eingeladen. So ist es uns einmal passiert bei einer Fahrt in der Sleeper Class von Goa nach Mumbai. Generell kommst du als Tourist sehr schnell in Kontakt mit Einheimischen, die neugierig sind woher du kommst, ob du verheiratet bist (sehr wichtig bei den Indern ;)), was du beruflich machst und so weiter. Also wenn du ein bißchen offen bist kannst du schnell mit den Menschen um dich herum ins Gespräch kommen.
Am Morgen gibt es ebenfalls wieder einige Verkäufer die dir einen frischen Kaffee oder den berühmten „Chaiiiiii!“ anbieten.
Die Toilettensituation
Für viele ist das die größte Sorge bei einer längeren Zugfahrt in Indien: Kann ich im Zug überhaupt die Toilette benutzen?
Das war bei meiner allerersten Zugfahrt auch meine Sorge – mittlerweile völlig unbegründet.
In den Zügen, in denen wir waren (Seeper Class Wagon & 3AC Wagon) gab es jeweils Hocktoiletten. Ehrlich gesagt gibt es nichts besseres in einem Zug als eine Hocktoilette. Man muss nichts anfassen und es gibt keine vollgeschifften Klobrillen. Einfach drüber hocken und Pipi machen – alles bleibt sauber. Große Geschäfte würde ich mir tatsächlich am besten verkneifen.
Toilettenpapier oder Taschentücher, wenn nötig, nimmst du am besten selbst mit. Ebenso Seife oder Handdesinfektionsspray.
Fazit: Du kannst ganz beruhigt in den Zügen auch mal pinkeln gehen und musst dich nicht zwingen, wenig Wasser zu trinken. Dehydrierung ist da alle Male schlimmer, als in Indien auf die Zugtoilette zu gehen!
Wann kommt meine Haltestelle?
Wie schon oben beschrieben der Suche nach der richtigen Zugnummer, kannst du auch online vorab checken welche Haltestellen angefahren werden und auch um wieviel Uhr die Ankunftszeit sein wird. Somit hast du einen guten Richtwert, um wieviel Uhr und an welchem Tag du bei deinem Ziel ankommst.
Die Haltestellen werden nicht unbedingt durchgesagt, also einfach mal aus dem Fenster schauen, wenn der Zug einfährt. Wenn du dir dennoch unsicher bist, kannst du auch einfach einen Mitreisenden fragen.
Als Frau alleine in Indien Zug fahren?
Meiner Meinung nach gibt es auf diese Frage keine pauschale Antwort. Das kommt ganz auf den Typ Mensch an. Eine Freundin von uns hat keine Probleme alleine unterwegs auch in der Sleeper Class zu schlafen – andere würden davon abraten.
Also hör mal auf dein Bauchgefühl, ob du dich wohl fühlen würdest, bei dem Gedanken in einem fremden Land mit vielen Menschen in einem Zug zu übernachten.
Wer als Frau auch alleine eine Nacht in der Sleeper Class erleben möchte, der sollte meiner Meinung nach versuchen, eine der oberen Pritschen zu reservieren. Hier ist man vor möglich „wandernden“ Händen am besten geschützt und hat ein bisschen seine Ruhe.
In den höheren Zugklassen ist es meiner Meinung nach völlig ok, auch als allein reisende Frau zu übernachten.
Ansonsten versuch Kontakt zu anderen Alleinreisenden zu suchen, die ebenfalls in deine Richtung reisen möchten. Vielleicht könnt ihr dann ja zusammen Zug fahren.
Noch mehr Infos zum Zug fahren in Indien
Auf folgenden Webseiten gibt es noch mehr Infos zur Indian Railway und das Zug fahren in Indien:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Indian_Railways
- http://www.indianrail.gov.in/enquiry/StaticPages/StaticEnquiry.jsp?StaticPage=index.html&locale=en
- https://spontanumdiewelt.de/zugfahren-in-indien-tipps-und-tricks/
- https://indiasomeday.com/de/indien-per-zug-erkunden-tipps-zum-essen-im-zug-und-den-zugklassen/
So, das ist unser ganzes Wissen in Bezug auf Zug fahren in Indien!
Wir hoffen, dass dir der Artikel hilft, dich in bißchen besser zurechtzufinden in dem komplexen Zugsystem im buntesten Land der Welt.