Mumbai – Zwischen Menschenmassen, Gewürzen und Gestank
Mumbai war meine erste indische Großstadt die ich erlebt habe.
Ja, ich war schon vorher in einigen Großstädten in Südostasien unterwegs gewesen, und wusste daher, dass asiatische Städte meist häßlich, laut, stickig, staubig und voll sind. Somit war ich gefühlsmäßig für alles gewappnet – und dennoch war Mumbai natürlich noch mal anders. Indisch eben.
Alex und ich sind aus dem Süden Goas mit dem Nachtzug nach Mumbai gereist. Und genau hier fing das Mumbai- Erlebnis auch schon an. Als wir früh morgens durch die Vororte Mumbais langsam auf den Gleisen vorwärts quietschten und kreischten, habe ich die andere Seite Indiens gesehen.
Ankommen in Mumbai
Noch verwöhnt von den wunderschönen Stränden Goas und der Komfort-Backpacker-Zone war ich schockiert und gleichzeitig auch fasziniert. Ein schwer zu beschreibendes Gefühl.
Viele Gedanken sind mir durch den Kopf geschossen, als ich durch das Zugfenster spähte und so viel Müll überall gesehen habe, so viele Wellblechhütten die aussahen, als wenn sie gleich zusammenbrechen würden, in denen ganze Familien lebten.
Direkt an den Gleisen, auf denen wir langsam mit dem Zug fuhren, hockten nebeneinander in regelmäßigen Abständen Männer. Neben ihnen ein Eimer. Seltsam. Es dauerte etwas bis ich wirklich sah und begriff, was sie dort taten. Sie verrichteten dort ihre morgendliche Toilette. Für eine Frau aus dem Westen im ersten Moment unverständlich. Aber wenn man begreift, dass die meisten Menschen hier keine eigene Toilette in ihrem zu Hause haben, und es von Vorteil ist, nicht direkt vor sein eigenes Haus zu … dann macht es Sinn.
Einer der außergewöhnlichsten und unangenehmsten Anblicke und Erlebnisse während meiner Indienreise.
Gedanken wie: Mir geht es so gut, ich habe alles, ich muss auf nichts verzichten, ich habe immer zu Essen, so viel und wann ich will, ich habe eine eigene, saubere Wohnung, ich habe eine Toilette mit fließend Wasser, eine heiße Dusche, wann immer ich will, ich habe alle Möglichkeiten der Welt, ich habe Sicherheit, ich habe einen Kühlschrank … banale Dinge. Vielleicht.
Aber ich habe mich in diesem Moment so unendlich dankbar gefühlt. Und gleichzeitig auch schlecht. Weiß ich mein Leben überhaupt zu schätzen?
Nicht oft genug. Nicht oft genug bin ich einfach nur dankbar und zufrieden mit diesem wunderbaren Leben was ich leben kann. Und auch jetzt, während ich diese Sätze schreibe, und mir die Erinnerungen wieder in den Kopf und in mein Herz schießen, merke ich, dass ich in letzter Zeit mal wieder völlig zu Unrecht unzufrieden, schlecht gelaunt war …
Ach Indien, wie sehr Du mich bewegst. Danke!
Mumbai ist verrückt – im wahrsten Sinne des Wortes.
Verrückte Welten – auf der einen Seite die Armut, die Einfachheit, typisches indisches Straßentreiben, Märkte, Gewürze … auf der anderen Seite eine westliche, moderne Stadt mit Cafes, hochpreisigen Restaurants, Promenaden, Frauen in kurzen Röcken, Männer im Hipster-Style – ein sonst eher seltenes Bild auf einer Indienreise.
Und genau das mag ich an Mumbai. Ich habe die Möglichkeit unverschämt scharfes und einfaches Streetfood zu kosten (und mir meine Zunge dabei zu verbrennen) und danach kann ich ein Weizenbier in einer stylischen Beer-Bar zischen. Ich kann auf Gewürzmärkten dem wuseligen Treiben zusehen und getrocknete Chilies für zu Hause kaufen, und danach gehe ich an der endlos langen Strandpromenade im Edel-Stadtviertel Colaba flanieren und schaue mir den Sonnenuntergang an.
Alles scheint möglich zu sein in Mumbai. Eine verheißungsvolle Stadt.
Transport in der Stadt
In Mumbai ist es einfach „voran“ zu kommen. Überall gibt es Taxis und auch Tuk-Tuks (Achtung: in manchen Stadtvierteln sind Tuk-Tuks verboten!) die uns für relativ kleines Geld überall hinbringen. Bei Tuk-Tuks gilt die goldene Regel: VORHER den Preis verhandeln! Für Taxifahrten eignet sich die App „Uber“ – über die kannst Du vorab checken, wieviel die Fahrt kosten würde und auch ein Taxi zu Deinem Standort bestellen.
Zusätzlich gibt es ein gut ausgebautes Zugnetz in Mumbai – sozusagen eine S-Bahn für die Stadt. Wir sind meistens mit dem Zug gefahren und haben dann alles Weitere zu Fuß gemacht. Auf die Art und Weise konnten wir viel vom Straßentreiben erleben und vom Gefühl her einfach mittendrin.
Praktisch: Da man ganz oft die indischen Anzeigen nicht unbedingt lesen kann, gibt es an manchen Ticketschaltern einen Verkäufer, der Dir das Ticket für die gewünschte Station verkauft.
Ein Erlebnis dass ich nie vergessen werde: Auf dem Weg in den Bahnhof für den Zug gehen plötzlich eine Horde Männer an uns vorbei. Auf ihren Schultern ein Sarg. Sie trugen Sarg durch den gesamten Bahnhof, eine Treppe hinauf zu einem Gleis und stiegen dann samt Sarg in den Zug ein. Stell Dir vor, Du sitzt im Zug. Neben Dir ein Sarg. Ob da wohl auch jemand fragt: „Hat der Sarg denn auch ne Fahrkarte gekauft?“
Sightseeing in der indischen Metropole
Unsere zwei Tage in Mumbai führten uns auch zu den Dhobi Gats. Ein Stadtviertel in dem Wäsche gewaschen wird. Und zwar von Hand. Die gesamte Wäsche Mumbais wird hierhin gebracht zum waschen. Überall stapelt sich und hängt Wäsche. Ein verrückter Anblick. Beim drüber nachdenken: wie sollte es auch sonst aussehen? Trotzdem: Ungewohnt und ein Blickfang.
Wenn Du die Gats sehen willst, fährst Du am besten zur Zugstation Mahalaxmi. Hier ausgestiegen brauchst Du nur über die Brücke gehen und hast einen tollen Einblick von oben in das Viertel. Es gibt wohl auch Touren durch die Gats – haben wir aber nicht gemacht.
Ein weiteres Highlight ist der Crawford Market.
Vom Mumbai CST bist Du relativ schnell zu Fuß auf diesem wuseligen Markt. Hier gibt es vor allem Gewürze und Lebensmittel. Aber auch Tiere und Dinge des Alltags werden hier verkauft. Es ist einfach spannend durch die schmalen Gassen zu laufen und den typisch indischen Geruch aus diversen Gewürzen einzusaugen, das Treiben zu beobachten und selbst ein bißchen zu handeln.
Natürlich ist das Gate of India DAS Sight in Mumbai.
Wir selbst haben das nicht wirklich so empfunden. Wir fanden da andere Erlebnisse viel spannender. Dennoch kann es ein spannendes Gefühl sein, aus dem Markttreiben plötzlich in eine andere, westlich angehauchte Welt zu fahren.
Eine Fahrt zum Marine Drive in Colaba lohnt sich auf jeden Fall.
Jeden Abend kommen hier gefühlt alle Einwohner Mumbais her, um sich auf die kilometerlange Mauer zu setzen, Selfies mit Freunden zu schießen, den Sonnenuntergang und die Skyline Mumbais anzusehen.
Wir sind einfach den Marine Drive entlang gegangen bis zum Chowpatty Beach, dem Stadtstrand Mumbais.
Hier gibt’s am Abend eine Meile mit allen möglichen Essensständen. Einfach umgucken, irgendwo hinsetzen und die vielen fremden Köstlichkeiten probieren. Vor allem Familien sind hier unterwegs, so dass man sich hier auch lange nach Anbruch der Dunkelheit wohlfühlen kann.
Um unterwegs in der Stadt mal wieder ein ordentliches Bier zu trinken, kann ich auf jeden Fall das Beer Cafe empfehlen. Die Air-Condition kühlt wunderbar ab und in den gemütlichen Sitzmöglichkeiten kann man kurz mal verschnaufen vom wilden Treiben in Mumbai.
… jetzt ist der Artikel doch viel länger geworden, als ich vorab gedacht hätte. Mumbai hat mich wohl doch mehr beeindruckt als ich dachte.